Reisen im Rollstuhl: geeignete Lastminute- und Pauschalreisen finden
Reisen im Rollstuhl ist in vielen Fällen mittlerweile kein Problem mehr. Die Vorbereitung dagegen schon – und es beginnt schon bei der Suche nach einem Reiseziel. Unzählige Suchmaschinen locken mit günstigen Angeboten, doch welches Lastminute-Schnäppchen kann auch mit dem Rollstuhl genutzt werden, und wie lassen sich Pauschalurlaubs-Angebote für Rollstuhlfahrer finden? Ein Erfahrungsbericht.
Vorwort
Gerade jetzt in der kälteren Jahreszeit wird man mit günstigen Lastminute-Reiseangeboten überschüttet. Auch wir wollten der Kälte noch einmal den Rücken kehren und haben uns auf die Suche nach einem rollstuhlgerechten Pauschalurlaub in südlichen Gefilden gemacht. Mit Erfolg – bald verlagert sich die Mobilista.eu-Redaktion für einige Tage an die Côte d’Azur. Wie Menschen mit Behinderungen zu einem passenden Urlaub kommen und was es zu beachten gilt, haben wir hier zusammengefasst.
Reiseziel
Schon beim Reiseziel beginnt die Grundüberlegung: was wollen wir eigentlich? Strandurlaub? Einen City-Trip? Einen Ausflug ins Gebirge? Grundsätzlich ist das alles möglich – aber wer beispielsweise größere Sightseeing-Touren plant, muss auch bedenken, dass es Regionen gibt, die schon aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit nur bedingt rollstuhlgerecht sind. Kreta sei hier als bekanntes Beispiel genannt. Ein paar Online-Recherchen über das gewünschte Reiseziel geben Aufschluss, ob es sich um eine felsige, naturbelassene Insel handelt, die ganz andere Anforderungen an Rollstuhl und ggf. Begleiter stellt als eine touristisch erschlossene Region mit zahlreichen gepflasterten Wegen.
Suchmaschinen
Nun folgt der zweite Schritt: die Suche nach einem geeigneten Angebot. Wer nicht ins Reisebüro möchte (und aus Erfahrung sei angemerkt, dass nicht-spezialisierte Reisebüros häufig genauso ratlos sind wie die Suchenden selbst, wenn es um Urlaub mit dem Rollstuhl geht), dem bleiben zwei Möglichkeiten: ein auf Reisen im Rollstuhl spezialisierter Anbieter, oder eine normale Reiseplattform. Erstere haben den Vorteil, dass die Angebote samt Unterkünften meist geprüft sind. Normale Plattformen bieten den Vorteil, dass sie aufgrund größerer Kontingente meist niedrigere Preise und eine größere Auswahl bieten können. Wir haben uns für reguläre Reise-Suchmaschinen entschieden. Hier sind wir direkt auf Hindernisse gestoßen – denn nahezu alle großen Plattformen nutzen ein und dieselbe Suchmaschine. Und in deren Kriterien gibt es keine Auswahl für rollstuhlgerechte Zimmer. Allerdings lassen sich bei einigen Plattformen im Nachhinein die Ergebnisse nach rollstuhlgerechten Hotels filtern:
- hrs.de – Suchergebnisse – “Hotelausstattung” – “rollstuhlgeeignetes Hotel”
- Expedia.de – Suchergebnisse – “weitere Suchoptionen” – “Zielgruppe” – “behindertengerecht”
- Holidaycheck.de – seit dem Relaunch extrem abenteuerlich: Suchergebnisse – Hotel im gewünschten Ort anklicken – direkt unter Menüleiste auf den Ort klicken – links herunterscrollen bis “weitere Hotelmerkmale” – “mehr anzeigen” – “barrierefreie Zimmer”
- trivago.de – Suchergebnisse – “Mehr Filter” – Bei “Hotelausstattung” auf “mehr”, dann “Rollstuhlgerecht”
Zudem bieten einige Plattformen eigene Suchmasken oder wenigstens Bestandslisten mit rollstuhlgerechten Destinationen an:
- ab-in-den-urlaub.de: http://www.ab-in-den-urlaub.de/themenhotels/behindertengerechte-hotels
- weg.de: http://www.weg.de/sonderangebote/barrierefrei-reisen
- Oeger.de: http://www.oeger.de/service/reiseinfos/barrierefreie-reisen.html
Es ist derzeit also ein vergleichsweise unbequemer Weg, wenn man sich auf die Suche nach einem Pauschalurlaub mit Rollstuhl begibt und dafür die herkömmlichen Suchmaschinen nutzt. Grundsätzlich sollten sich Menschen mit Behinderungen, ganz gleich, wo sie ihre Unterkunft suchen, bei verschiedenen unabhängigen Plattformen wie Tripadvisor und co. Bewertungen und Bilder ansehen, in Regionen, wo StreetView verfügbar ist, ist Google Maps eine gute zusätzliche Quelle, um zu beurteilen, ob das gewünschte Hotel auch wirklich rollstuhlgerecht sein könnte. In der nächsten Stufe ist Kontaktaufnahme wichtig – sich allein auf die Angaben Dritter zu verlassen, ist nicht ungefährlich und kann am Zielort jäh vor Stufen enden. Insbesondere von den mittlerweile so beliebten Countdowns und Buchungstickern auf Lastminute-Seiten sollten sich Menschen im Rollstuhl nicht unter Druck setzen lassen – davon abgesehen, dass es nur selten Angebote gibt, die nicht wiederkommen, und dass die Glaubhaftigkeit dieser Ticker zumindest getrost infrage gestellt werden darf. Zudem ist es wichtig, auch bei der Buchung dann nochmals explizit auf den Rollstuhl hinzuweisen. Die bloße Filterung allein genügt hierfür nicht – bei allen Buchungssystemen gibt es Freitextfelder für ergänzende Hinweise. Hier muss darauf hingewiesen werden, dass ein rollstuhlgerechtes Zimmer im Hotel benötigt wird und die Voranmeldung der Hilfeleistung bei der Fluggesellschaft erfolgen muss. Aus Sicherheitsgründen lassen wir uns solche nötigen Sonderwünsche unabhängig vom Reiseveranstalter noch vom Hotel und von der Airline bestätigen. Ist kein Rollstuhlzimmer vorhanden, wird die Buchung dann storniert.
Fliegen mit Rollstuhl
Das Thema Fliegen mit Rollstuhl wurde bei Mobilista.eu bereits mehrfach behandelt (siehe Artikel Fliegen mit Rollstuhl und anderen Behinderungen). Bei Reisen in fernere Länder kann es Sinn machen, sich mehrere Flugrouten anzusehen, um die Zahl der Zwischenlandungen zu reduzieren – mit Rollstuhl sind Umstiege an Flughäfen eben noch etwas stressiger, aber grundsätzlich auch zu bewältigen, wenn die Hilfeleistung rechtzeitig angemeldet wurde.
Mietwagen
Auch das Thema Mietwagen wurde hier bereits erörtert. Gerade im europäischen Raum sind behindertengerechte Mietwagen eher dünn gesät, insbesondere für Selbstfahrer. Da ich Fahrer bin und meine Partnerin selbst umsteigen kann, reicht für uns ein Kombi aus – und über billiger-mietwagen.de haben wir sogar einen Hochdachkombi gefunden, der im Kleinwagensegment rangiert und dadurch deutlich günstiger als ein regulärer Kombi ausfällt. Auch hier haben wir bei der Buchung explizit zweisprachig auf die Notwendigkeit des Kofferraums wegen des Rollstuhls hingewiesen. Das gibt zwar noch keine Garantie, erspart uns aber mit ein wenig Glück Nachverhandlungen am Mietwagenschalter.
Schiffsreisen mit Rollstuhl
Es gibt inzwischen sogar einige Schiffe, die durchaus rollstuhlgerecht sind – sowohl Fähren als auch Kreuzfahrtschiffe. Meist hilft ein schneller Anruf bei der Reederei oder dem Veranstalter, um zu prüfen, ob an Bord wenigstens die wichtigsten Einrichtungen mit dem Rollstuhl erreichbar sind. Schwieriger ist es freilich bei geplanten Landgängen – je nach Route können Kreuzfahrer schonmal in Gegenden anlegen, in denen Rollstuhlfahrer nicht gerade leichtes Spiel haben. Es empfiehlt sich daher grundsätzlich, sich im Vorfeld über verschiedene Routen und Landgänge zu informieren.
Vorbereitungen
Grundsätzlich sollten Menschen, die sich in ärztlicher Behandlung befinden, mit ihrem behandelnden Arzt über die Reisepläne besprechen. Für einige Reiseländer sind Zusatzimpfungen notwendig, zudem empfiehlt es sich beispielsweise für heimbeatmete Patienten, sich von ihrem Arzt vorab eine Flugtauglichkeitsbescheinigung ausstellen zu lassen – denn manche Airline kommt aus versicherungsrechtlichen Gründen noch auf die Idee, die Flugtauglichkeit notfalls auch durch das medizinische Flughafencenter prüfen zu lassen. Mit einer ärztlichen Bescheinigung entfällt diese Prozedur, zudem kann darin, um Diskussionen zu vermeiden, bescheinigt werden, dass Medizintechnik wie Beatmungsgeräte als medizinisches Handgepäck zusätzlich mit in der Kabine transportiert werden muss.
Für eben solche medizinische Geräte empfiehlt es sich zudem, beim Hersteller eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den Flugverkehr anzufordern. Akkubetriebene Geräte unterliegen im Flugverkehr strengen Auflagen, und tatsächlich darf nicht jeder Akku in Flugzeugen transportiert werden. Auch Geräte mit Sauerstoffzufuhr unterliegen strengen Auflagen – einige Hinweise dazu finden sich auch im oben verlinkten Artikel rund ums Fliegen mit Rollstuhl.
Hilfsmittel mieten
Je nach Zielort und Urlaubsart kann es auch Sinn machen, sich zusätzliche Hilfsmittel anzumieten. So können Strandrollstühle für den Strandurlaub mit dem Rollstuhl mittlerweile gemietet und in einige Länder geschickt werden, und auch Rollstuhl-Zuggeräte wie der Swiss Trac können inzwischen gemietet werden, wenn es damit in die Berge gehen soll.
Fazit
Der Aufwand, eine rollstuhlgerechte Reise zu buchen, ist ungleich höher. Schnelles Buchen bei einer Lastminute-Plattform entfällt nahezu vollständig – hier hat die Reisebranche noch deutlichen Nachholbedarf, um ihre Angebote auch für Menschen mit Behinderungen attraktiver zu gestalten. Mit ein wenig Geduld lässt sich aber dennoch durchaus ein passendes Angebot finden.
Welche Tipps habt ihr auf Lager? Was muss hier noch unbedingt erwähnt werden? Sagt es uns!
Hi Timo, mir fallen dazu noch BTM-Medikamente ein. Die benötigen ein Attest, um mitgeführt zu werden. Ich war zwar mal ohne unterwegs und hatte Glück, dass ich nicht kontrolliert werde…
Mit Interesse habe ich die Erfahrungen und Tipps oben gelesen- Vieles ist mir vertraut…
Aktuell suche ich eine Möglichkeit, kurzfristig Urlaub zu machen, in einem rollstuhlgerechten Hotel am Meer, das auch einen Rollstuhlzugang bis direkt ans/ ins Wasser hat. Ich möchte im Meer schwimmen, ich möchte möglichst selbstständig dorthin gelangen können mit meinem “Aktiv”- Rollstuhl, und ich kann aufgrund meiner Handfehlbildung auch nicht so locker Schrägen oder Steigungen bewältigen…,d.h. das Meer sollte möglichst nah sein, ca. bis 30m, etwa…
Ab November scheinen z.B. am Mittelmeer überall die Strände von Stegen geräumt zu werden, viele Hotels sind geschlossen…Vielleicht gibts aber doch noch was Schönes, Erreichbares woanders…
Timo, oder auch eine/r von Euch anderen Leser/inne/n- habt Ihr evtl. eine Zielempfehlung für mich???
Herzlichen Gruß von
Vera
Vielen Dank für den Tipp
Ich finde runa reisen auch sehr gut! Sofern man das darf, ist hier die Internetseite: http://www.runa-reisen.de
falls jemand in Antalya Türkei Urlaub machen möchte, ich habe da gute Erfahrungen gemacht mit Leihscooter und Flughafentransfer zum Hotel und zurück. mobilityturkey.com schaut mal rein.