Fernbusse und Rollstuhl – es tut sich was in Deutschland

Britischer Reisebus mit ausgefahrenem Rollstuhllift
Britischer Reisebus mit ausgefahrenem Rollstuhllift

Foto: flickr.com / Glen Wallace (cc by-sa 2.0)

Schon seit geraumer Zeit beobachtet Mobilista.eu den liberalisierten Markt der Fernbus-Anbieter in Deutschland und recherchiert, welche Anbieter Busse einsetzen, die auch für Rollstuhlfahrer und andere Menschen mit Mobilitätseinschränkungen geeignet sind. Seit Öffnung des Marktes Anfang 2013 ist Bewegung in die Sache gekommen – ab 2014 dürfen sich Rollstuhlfahrer auch über mehr Fernbusse mit Rollstuhlrampen und Rollstuhlsitzplätzen freuen. Ein Überblick über den aktuellen Status und die Zukunftsaussichten.

Unsere Bestandsaufnahme der rollstuhlgerechten Fernbusse in Deutschland begann im Sommer – mit ernüchterndem Ergebnis: zu diesem Zeitpunkt war praktisch kein Fernbus mit einer Rollstuhlrampe oder einem Lifter ausgestattet. Zur Vorgeschichte: Das Personenbeförderungsgesetz, das bislang der Bahn ein Monopol für Fernstrecken mit mehr als 50 Kilometern Abstand zwischen den einzelnen Halten gesichert hat, wurde novelliert und das Monopol der Bahn gekippt. Auf Initiative des Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) wurde in letzter Minute eine Klausel in den Gesetzestext übernommen, die eine barrierefreie Ausstattung aller ab 2016 neu zugelassenen Fernbusse und ab 2019 aller eingesetzten Fernbusse vorsieht. In den einzelnen Regelungen gibt es derzeit erhebliche Lücken, und sowohl Selbsthilfeverbände als auch Busanbieter bemängeln, dass es keine definierten Mindeststandards oder Richtlinien gibt – entsprechend verhalten waren die Reaktionen auf allen Seiten.

Bis heute herrscht völlige Unklarheit, wie der Gesetzgeber Barrierefreiheit definiert. Dennoch hat insbesondere der ADAC mit dem Postbus den ersten Vorstoß gewagt und setzt seit November 2013 auf der Strecke Hamburg – Berlin in einer Versuchsphase insgesamt sieben Fernbusse ein, die mit Rollstuhlsitzplätzen und einer Rollstuhlrampe im vorderen Einstiegsbereich ausgestattet sind (Mobilista.eu berichtete: Link). Bordtoiletten sind allerdings ebenso wie einige Haltestellen nicht rollstuhlgerecht, auch Blindenleitsysteme oder dergleichen gibt es bisher nicht.

Inzwischen erreichte uns allerdings auch eine Stellungnahme der Deutschen Bahn. Diese ist am Verkehrsverbundsystem BerlinLinienBus beteiligt und Betreiberin des neu in Betrieb genommenen IC Bus. Die Antworten der Pressestelle ließen uns aufhorchen und gaben neue Hoffnung: Sowohl bei den beiden Busbetreibern Haru und BEX innerhalb des BerlinLinienBus als auch beim IC Bus werden bereits jetzt erste rollstuhlgerechte Fernbusse eingesetzt. Und auch der Zukunftsausblick ist durchaus positiv: zum Jahresbeginn 2014 werden weitere neue Busse eingesetzt, die ebenfalls rollstuhlgerecht ausgestattet sind, und fortan werden alle neu beschafften Busse derart ausgestattet sein. Das ist natürlich nicht verwunderlich, da spätestens ab 2019 sämtliche eingesetzten Busse rollstuhlgerecht sein müssen, sodass es heute unwirtschaftlich wäre, Busse anzuschaffen, die vor Ablauf der Abschreibefrist von sechs Jahren (bei Reissebussen) nicht mehr eingesetzt werden können. Ungeachtet der Motivation ist es jedoch als erfreulicher Schritt in die richtige Richtung zu werten, denn Reisende können sich künftig auf mehr rollstuhlgerechte Verbindungen abseits von Bahn oder Flugzeug einstellen.

Die fehlenden rollstuhlgerechten Toiletten werden bei BerlinLinienBus und IC Bus durch Halte an Raststätten mit rollstuhlgerechten Toiletten kompensiert – die Fahrer sind dabei angehalten, beim Ein- und Ausstieg sowie beim Aufsuchen der WCs behilflich zu sein. Was freilich bleibt, ist eine vorherige Sitzplatzreservierung, die übrigens generell allen Fahrgästen angeraten wird – denn die Zahl der Sitzplätze in einem Bus ist bekanntermaßen erheblich geringer als in einem Zug. Eine aktualisierte Übersicht über rollstuhlgerechte Fernbusse in Deutschland findet sich in unserem ersten Artikel: Link.

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