Stromkosten von der Krankenkasse für Rollstuhl, Beatmung und Co.

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Geldscheine
Geldscheine

Foto: Maik Meid/flickr.com (cc by 2.0)

Wir widmen uns einem weiteren Kapitel an geldwerten Leistungen, die zahlreichen Menschen mit Behinderungen zustehen – und von denen nur die wenigsten etwas wissen. Dabei gab es bereits 1997 ein Grundsatzurteil, nach dem Krankenkassen ihren Mitgliedern die Stromkosten für verordnete Hilfsmittel erstatten müssen. Interessant ist das insbesondere für heimbeatmete Menschen – und in vielen Fällen kann sich der heimische Gerätepark aus Medizintechnik auf imposante Größe anhäufen, die sich auch in der Stromrechnung niederschlägt. Die gute Nachricht: ihr könnt euch euer Geld zurückholen! Wie die Stromkosten für Beatmung, Absaugpumpen, E-Rollstuhl und andere Hilfsmittel erstattet werden, erklären wir hier.

“Das kommt jetzt nicht sooo oft vor”, erklärte die freundliche Dame in der Servicehotline der Techniker Krankenkasse. Damit entschuldigte sie die etwas ausführlichere Suche nach dem passenden Ansprechpartner für mein Anliegen. Wie ich denn die Erstattung der Stromkosten für medizinische Hilfsmittel beantragen könnte und wie hoch die Erstattung ausfällt, war meine Eingangsfrage. Schließlich war der passende Ansprechpartner gefunden, und zwei Minuten später hatte ich die erhoffte Auskunft. Nun weiß ich: wir bekommen Geld von der Krankenkasse für den Strom, den unsere Hilfsmittel verbrauchen.

Rechtslage

Rückblick: im Februar 1997 entschied der 3. Senat des Bundessozialgerichts:

Der Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel nach § 33 Abs 1 S 1 SGB 5 umfaßt auch die Versorgung mit der zum Betrieb des Hilfsmittels erforderlichen Energie. (BSG, Az. 3 RK 12/96)

Aus dem Juristendeutsch übersetzt bedeutet dies, dass Krankenkassen nicht nur für die Anschaffung und Wartung von Hilfsmitteln nach dem SGB 5 aufkommen müssen, sondern auch für die Stromkosten, die durch dieses Hilfsmittel entstehen. Klägerin war die Stadt Hamburg als Sozialhilfeträger für eine Frau, die von Sozialhilfe lebte und von der Krankenkasse die Stromkosten für ihren Elektrorollstuhl eingefordert hatte. Die Krankenkasse hatte aber den Rechtsstreit vor dem Landessozialgericht gewonnen, woraufhin der Sozialhilfeträger verpflichtet gewesen wäre, die Stromkosten zu übernehmen. Die Stadt Hamburg wehrte sich vor dem BSG gegen das Urteil und bekam Recht. Seit diesem Urteil ist klar, dass die Krankenkassen die Stromkosten für E-Rollstühle, Hilfsantriebe, Beatmungsgeräte, Inhalatoren, Monitore, Luftbefeuchter und andere verordnete elektrische Hilfsmittel übernehmen müssen. (Link zum Urteil)

Antrag auf Erstattung der Stromkosten für Hilfsmittel

Leider gibt es keine einheitliche Regelung, wie nun die Stromkosten für Hilfsmittel erstattet werden. Manche Krankenkassen haben dafür eigene Antragsformulare, bei anderen wiederum reicht ein formloses Schreiben mit der Aufzählung der jeweils verordneten Geräte, der täglichen oder wöchentlichen Betriebsdauer und (ganz wichtig) der Bankverbindung. Einige Krankenkassen erstatten den Strom nach Berechnung des tatsächlichen Verbrauchs, andere wiederum eine Pauschale. Ruft einfach bei eurer Krankenkasse an und fragt nach – auch wenn die Auskunft etwas dauern könnte.

Im Falle der Techniker Krankenkasse erfolgt nun die Erstattung der Stromkosten für unsere Hilfsmittel als Pauschale. Wir haben drei elektrische Hilfsmittel und können pro Monat drei Euro Stromkosten pro Gerät geltend machen. Die Erstattung erfolgt immer im Folgejahr rückwirkend für das gesamte Jahr – übrigens bei Erstanträgen auch weiter rückwirkend, bis zu drei oder vier Jahren! In unserem Fall bedeutet das, dass wir pro Jahr 108 Euro Stromkosten für Hilfsmittel erstattet bekommen können. Wenn ich mit spitzer Feder nachrechne, reicht das tatsächlich nicht ganz aus, um die realen Kosten zu ersetzen, allerdings sind mir die wenigen Euro Differenz kein Widerspruchsverfahren wert.

Rechenbeispiel

Wer genau nachrechnen möchte, muss sich schlau machen, welche Geräte wieviel Strom aufnehmen. Auf dem Typenschild (häufig nahe des Stromanschlusses) befinden sich immer Angaben zu Spannung und Leistung oder Stromstärke, aus denen sich die Kosten errechnen lassen. Benötigt zur Berechnung des Stromverbrauchs ist die Leistung in Watt (W). Zur Auffrischung der Physikgrundlagen: Leistung in W = Spannung in V x Stromstärke in A. Ist also keine Leistung (W) angegeben, sondern beispielsweise 230V – 0,5A, dann beträgt die Leistung 230V * 0,5A = 115 Watt. Zur Ermittlung des (ungefähren) Jahresverbrauchs ohne Standby-Zeiten wird dieser Wert mit der Zahl der Jahresbetriebsstunden multipliziert. Bei 8 Stunden täglich wären das 8*365 = 2.920 Stunden. Multipliziert mit der Leistung ergeben sich so 335.800 Wattstunden oder 335,8 Kilowattstunden pro Jahr.

Um nun die Stromkosten zu ermitteln, benötigen wir den Arbeitspreis unseres Stromanbieters, der sich auf der Rechnung oder auf der Webseite findet. Genau an diesem Punkt zahlen wir natürlich (bewusst) drauf: so wie Mobilista.eu 100% CO2-neutral betrieben wird, beziehen wir auch Ökostrom von Lichtblick, der mit 27,48 Cent Arbeitspreis pro verbrauchter Kilowattstunde Strom nicht gerade ein Schnäppchen ist. Die Kosten für das Beispielgerät liegen also bei 335,8 kWh * 0,2748 EUR/kWh = 92,28 EUR. In unserem Fall wird dieses Ungleichgewicht durch Geräte, die sehr viel weniger laufen und weniger Strom aufnehmen, größtenteils kompensiert, ist der Unterschied bei der Erstattung der Stromkosten zwischen der Pauschale und den realen Kosten aber wirklich gravierend, lohnt sich ein Widerspruch mit einer Gegenrechnung der tatsächlichen Stromkosten für die Hilfsmittel unter Umständen durchaus.

Praxistipps

Ich lebe recht umweltbewusst und spare Energie. Aber auch ich habe mich dabei ertappt, bei Hilfsmitteln eher nachlässig zu sein. Das Ladegerät für den e-Motion ist aus Bequemlichkeit bislang immer eingesteckt gewesen, obwohl ein bis zwei Ladungen pro Woche völlig reichen und es die restliche Zeit wohlige Wärme in der Abstellecke erzeugt. Ich konnte mich nun doch durchringen, es auszustecken und nur bei Bedarf anzuschließen. Ähnlich sieht es mit anderen Hilfsmitteln aus, die wenig genutzt, aber stets einsatzbereit sind – nicht immer macht das Sinn, und selbst eine Leistungsaufnahme von 2 Watt im Standby-Betrieb kostet im Jahr mehrere Euro an Strom!

Fazit

Gerade wer mehrere elektrische Hilfsmittel zuhause hat, für den kann sich ein Antrag auf Erstattung der Stromkosten durch die Krankenkasse lohnen. Gerade für beatmete Kinder, die oft unter Intensivbedingungen zuhause gepflegt werden, fallen die Stromkosten mitunter recht hoch aus – und wenn selbst die Krankenkasse überrascht von meinem Anliegen ist, dann beantragen eindeutig noch viel zu wenige Menschen mit Behinderungen eine Erstattung ihrer Stromkosten für Hilfsmittel.

Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Habt ihr euch bisher Stromkosten erstatten lassen – oder nie daran gedacht?

Aktuell: hier haben wir ein Musterschreiben erarbeitet, um bei der Krankenkasse die Erstattung der Stromkosten zu beantragen. Einfach Mustertext übernehmen, Brief an die Krankenkasse fertigmachen, und ab in die Post damit!

[stextbox id=”finanzen”]Dieser Artikel gehört auch zur Themenseite “Stromkosten”. Suchen Sie weitere Informationen, besuchen Sie die Themenseite – hier klicken.[/stextbox]

[stextbox id=”beatmung”]Dieser Artikel gehört auch zur Themenseite “Heimbeatmung und Schlafapnoe”. Suchen Sie weitere Informationen, besuchen Sie die Themenseite – hier klicken.[/stextbox]

5 Kommentare
  1. Pierre Ofzareck sagte:

    Danke für den Tipp, Bei uns läuft jede Nacht eine Schlafmaske und meine Frau fährt ebenfalls mit einem e-Motion Antrieb durch die Gegend. Bei uns ist der Akku alle zwei Tage unter 60%, so dass der Rolli alle zwei Tage über Nacht geladen wird. Da das jetzt auch bei uns schon etwas länger so läuft, können wir uns ja dann auch auf einen kleinen Erstattungssegen einstellen… :)

    Aber etwas ärgert mich dann doch: Warum erstattet das die Krankenkasse mal wieder nur auf Antrag? Wer nichts davon weiß, geht damit prinzipiell leer aus. Aber das ist ja sowieso ein großes Problem unseres Sozialsystems, wehe jemand ist nicht mehr in der Lage, die für alles nötigen Anträge zu stellen…. :~

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  2. Roswitha Wollnik sagte:

    Habe bei meiner KK nachgefragt und auch prompt einen Brief zugesandt bekommen, wo ich Betriebsdauer usw. eintragen kann. Toller Tipp !! Aber auf meine Frage, warum man denn nicht gleich darüber informiert wird, wenn man ein elektrisches Hilfsmittel benötigt, bekam ich noch keine Antwort.

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  3. Matthias Möller sagte:

    Vielen Dank für den Tipp, habe sogleich einen Antrag an meine Krankenkasse aufgesetzt! Vermutlich habe ich aber ein, zwei Jahre “verschenkt”, da ich meine Schlafmaske bereits seit 2009 nutze.

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  4. pflegender sagte:

    grundsätzlich gilt:
    jedes (verordnete) hilfsmittel mit einem stromstecker führt zu einer stromerstattung, wenn man diese beantragt.
    meist verweisen die kassen auf pauschalen.
    man sollte für sich selbst nachrechnen, ob sich die pauschale lohnt oder ob man auf die tatsächlichen stromkosten beharren will.

    jeden januar beantrage ich schriftlich die tatsächlichen stromkosten und lege die jeweiligen bescheinigungender hersteller bzgl. der stromaufnahme der einzelnen geräte, sowie auch die tatsächliche stromrechnung mit dem (brutto)strompreis vor.
    gleichzeitig rechne ich bereits vor.
    oftmals findet man in der gebrauchsanweisung des hilfsmittels die stromangaben, bzw. den hinweis darüber, wann man das gerät aufladen soll.
    bei unserem rollstuhl steht beispielsweise “nach jeder benutzung ist die batterie aufzuladen”.

    man kann sich für kleines geld auch einen stromzähler (energiekostenzähler) dazwischen schalten und für sich selbst die genauen stromkosten ermitteln, um eine persönliche kontrolle zu haben.

    in dem gerichtsurteil geht es darum, das die krankenkasse den strom zu dem gerät erstatten muss und nicht um eine (zu geringe) pauschale. ;)

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