Bad ohne größere Umbaumaßnahmen barrierearm machen
Gerade in Mietwohnungen haben mobilitätseingeschränkte Menschen häufig Probleme. Schon die Suche gestaltet sich oft als schwierig, und in vielen Fällen müssen Kompromisse eingegangen werden. Dazu gehört unter anderem auch das Badezimmer – einer der häufigsten Punkte, die baulich so gar nicht auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zugeschnitten sind. Aufwändige Umbaumaßnahmen sind zum einen zustimmungspflichtig durch den Wohnungseigentümer, zum anderen auch kostenintensiv – und nur in einigen Fällen gibt es dazu Zuschüsse. Es kann sich also durchaus lohnen, sich auf dem Markt der Hilfsmittel fürs Badezimmer umzusehen, um das Bad zumindest barrierearm zu gestalten.
Das Badezimmer wird gerade bei Mietwohnungen häufig von Architekten sehr stiefmütterlich behandelt. Eine Toilettenschüssel von der Stange, Waschbecken, Dusche – fertig. Besonders in unserer letzten Wohnung in einem Hamburger Altbau war das Badezimmer ein Fiasko, weil es erst nachträglich installiert worden war: ein Schlauch von nicht einmal einem Meter Breite, ein winziges Handwaschbecken, dahinter schräg an der Wand eine wie so oft viel zu niedrige Toilettenschüssel, direkt dahinter die Duschtasse. Die hatte es in sich: weil der Abwasseranschluss oberirdisch gelegt wurde, stand die Duschtasse auf einem rund 35 Zentimeter hohen Sockel, der schon von gehfähigen Menschen einige Sportlichkeit beim Ein- und Ausstieg abverlangt hat. Ein eingeholter Kostenvoranschlag, um die Dusche ebenerdig zugänglich zu machen, belief sich auf über 2.000 Euro – allein für diesen Punkt. Eine Kostenübernahme durch die Pflegeversicherung war indes nicht möglich, weil bereits für den Umbau des Elternhauses meiner Partnerin ein Zuschuss gewährt wurde – und den gibt es nur einmal pro Pflegestufe! Uns blieb also nichts, als uns zu arrangieren – meine Partnerin wurde also jedes Mal von ihrem persönlichen Lifter (sprich: von mir) in die Dusche gehoben und wieder heraus. Unter immens beengten Bedingungen (Gesamtfläche des Bades: keine 2 Quadratmeter!). Die niedrige Toilette improvisierten wir mit einem Toilettenaufsatz.
Wer nun Toilettenaufsätze kennt, weiß, dass es praktisch kein Modell gibt, das nicht irgendwann trotz regelmäßiger Reinigung einfach unhygienisch wird. In den fünf Jahren, die wir in dieser Wohnung gelebt haben, hatten wir insgesamt drei (verschiedene) Toilettenaufsätze. Alle waren unbefriedigende Lösungen, rutschten, waren unbequem und sorgten für unhygienische Spalten. Auch der Duschhocker in der Dusche nervte – wohin damit, wenn man als gesunder Mensch stehend duschen möchte? Zwar war er klappbar, die Füße nahmen aber dennoch einigen Platz weg. Dann kam unsere Wohnungssuche in Berlin.
Wieder suchten wir nach einer Erdgeschoss-Wohnung mit Dusche. Wir haben zahlreiche Wohnungen mit all den üblichen lieblosen und engen Badezimmern besichtigt. Schließlich wurde es eine Wohnung mit Badewanne. Und die anfänglichen Bedenken hinsichtlich des Einstiegs konnten durch einen Praxistest mit einem einfachen Duschbrett weggefegt werden: meine Partnerin hat mit dem Duschbrett überhaupt kein Problem. Seitlich aufsitzen, Füße in die Wanne, und fertig. Das Manko daran: Duschvorhänge liegen darauf auf und bilden eine potenzielle Leckstelle, und für die besseren Duschwände, die auf Schienen laufen, ist nicht mehr ausreichend Montageraum für die Schienen vorhanden. Aus diesem Grund haben wir bis heute keinen sinnvollen Spritzwasserschutz installiert – aber man gewöhnt sich sogar daran.
Die Toilette wiederum war wie üblich niedrig – zu niedrig. Mit einer Sitzhöhe um 35 oder 40 Zentimeter war sie so niedrig, dass meine Partnerin aus eigener Kraft nicht mehr hochkommt. Nach Genehmigung durch die Hausverwaltung haben wir die Keramik schließlich durch eine behindertengerechte hohe Toilettenschüssel austauschen lassen. Die Kosten dafür liegen im niedrigen Bereich – die Schüsseln sind im Sanitärfachhandel für 80-100 Euro erhältlich. Mit diesen beiden einfachen MItteln, dem Duschbrett in der Badewanne und der WC-Schüssel mit 47 Zentimetern Sitzhöhe, konnten wir das Bad für uns perfekt nutzbar gestalten. Und Freunde mit Größen über 1,80 Metern haben sich schon begeistert gezeigt von der höheren Toilette – denn wer auch immer es zur Regel erklärt hat, dass Toilettenschüsseln niedrig sein sollen: er kann nicht sonderlich groß gewesen sein.
Auch hier bestätigt sich letztlich wieder: Barrierefreiheit nutzt allen. Den einen als notwendiges Merkmal, den anderen als Komfortmerkmal. Doch natürlich gibt es keine Pauschallösung – und auch die DIN 18025, die sich mit barrierefreiem Bauen befasst, regelt die Dinge nicht zu aller Zufriedenheit. Kleinwüchsige haben beispielsweise wenig Nutzen an einer extra hohen Toilette und profitieren auch nicht in jedem Fall von unterfahrbaren Waschtischen. Letztlich müssen alle Nutzer selbst entscheiden, welche Kriterien erfüllt werden müssen. Und in nicht wenigen Fällen reichen schon einfache Hilfsmittel aus dem Reha-Bereich aus, um die Wohnsituation entscheidend zu verbessern. Eine gute Gelegenheit übrigens, um den wiederkehrenden Pflegebesuch zu nutzen – denn die Sozialstationen sollen auch in dieser Hinsicht beraten.
Welche Mittel nutzt ihr, um euer Bad zu optimieren? Oder habt ihr keine Probleme damit?
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!